Florian Tursky: “Wir brauchen keine Angst vor Veränderung zu haben!”

Florian Tursky, Staatssekretär für Digitalisierung & Telekommunikation, verrät im SPORTTIMES-Interview, wie gut Österreich im digitalen Bereich aufgestellt ist, welche Möglichkeiten Künstliche Intelligenz bietet und warum man keine Angst vor ihr haben muss.

von Kurt Vierthaler

SPORTTIMES: Herr Staatssekretär, wie gut ist Österreich in Sachen Digitalisierung generell aufgestellt?
Florian Tursky: Laut eGovernment-Monitor sind wir im E-Government die Nr. 1 im DACH-Raum: Mit www.oesterreich.gv.at im Web und der App Digitales Amt bieten wir auf zentralen One-Stop-Plattformen an die 200 Themen, darunter auch Informationen zur Abwicklung von Amtswegen: 60 Mio. Besuche waren es 2022, die App wurde circa 1,5 Mio. mal heruntergeladen. 72 Prozent aller Menschen nutzen bei uns derzeit elektronische Verwaltungsleistungen. Mit dem erst kürzlich präsentierten Digital Austria Act – dem digitalen Arbeitsprogramm der Bundesregierung – haben wir 117 Maßnahmen und 36 Grundsätze definiert, um Österreich in eine digitale Zukunft zu führen. Beispielsweise sollen bis 2024 möglichst alle Amtswege digitalisiert werden und zusätzlich sollen Gesetze digitalisierungstauglich sein.

© BKA/Christopher Dunker
Tursky Zwischenbild_BMF Christopher Dunker
Florian Tursky ist in Sachen Digitalisierung und Technologie immer auf dem Neuesten Stand.

SPORTTIMES: Wo haben wir im Vergleich zu anderen Ländern den größten Aufholbdedarf?
Tursky: Speziell im Gesundheitsbereich brauchen wir einen Schulterschluss in der digitalen Gesundheitsakte ELGA, hier wird uns der European Health Data Space jenen Rückenwind verschaffen, den wir zur Umsetzung brauchen. Die Arbeitswelt und das private Umfeld verändern sich rasant: In einer digitalen Welt bedarf es neuer Kompetenzen, um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden. Mein Fokus ist daher unter anderem der Ausbau der digitalen Kompetenzen, denn nur wer digital kompetent ist, kann die Chancen und Risiken einschätzen und für den persönlichen Vorteil nutzen. Dafür haben wir im Februar die Digitale Kompetenzoffensive gestartet und ich rate daher jedem zu einem digitalen Workout.

SPORTTIMES: Gibt es auch Bereiche, wo Österreich bei den Vorreitern dabei ist?
Tursky: Vorreiter sind wir zum Beispiel bei den mobilen elektronischen Identitäten. Hier haben wir die “ID Austria” geschaffen: Sie fungiert als vollwertiger elektronischer Ausweis, mit dem die Identität der Nutzerin sowohl für amtliche als auch für private Zwecke online überprüft werden kann. Bei der Preisverleihung des 21. eGovernment Wettbewerbs im September des Vorjahres in Berlin erzielte die ID Austria in der Kategorie “Bestes Projekt zum Einsatz innovatier Technologien und Infrastrukturen 2022” die Goldmedaille.

Dieser Artikel ist ursprünglich für unser Verbandsmagazin “Sporttimes” verfasst worden. Die “Sporttimes” sind im Abo erhältlich, erscheinen vier Mal pro Jahr und informieren auf 42 Seiten über die wichtigsten Neuigkeiten aus der SPORTUNION sowie dem österreichischen Sportgeschehen. 

Sporttimes - Zeitschrift

SPORTTIMES: Sie sprachen von “digitaler Grundkompetenz”: Was genau ist darunter zu verstehen?
Tursky: Digitale Grundkompetenzen sind die Fähigkeit, Anwendungen und Programme auf unterschiedlichsten Geräten wie Computer, Touchpads, Smartphones oder anderen zu nutzen und damit Inhalte abfragen, verändern beziehungsweise erstellen können. Auch das Thema “digital literacy” ist von Bedeutung, sprich wie vertrauenswürdig ist eine Quelle. Hier setzen wir mit der Digitalen Kompetenzoffensive an: Wichtig ist, dass wir niemanden zurücklassen, deshalb gibt es auch Initiaiven für spezielle Zielgruppen wie Seniorinnen.

SPORTTIMES: Künstliche Intelligenz ist aktuell in aller Munde: Wo sehen Sie die größten Chancen in puncto KI?
Tursky: Künstliche Intelligenz bietet enorme Chancen in einer Vielzahl von Bereichen. Sie kann dazu beitragen, komplexe Probleme schneller und effizienter zu lösen, medizinische Diagnosen zu verbessern und personalisierte Dienstleistungen anzubieten. Mit KI können wir Fortschritte in der Medizin, in der Landwirtschaft und im Bereich der erneuerbaren Energien erzielen und damit die Lebensqualität der Menschen insgesamt verbessern. Großes Potenzial zeigen bereits heute generative KI-Anwendungen und insbesondere große Sprachmodelle (wie beispielsweise ChatGPT). Richtig eingesetzt kann KI Innovation in allen Branchen und Wirtschaftszweigen vorantreiben und so zu einer positiven gesellschaftlichen Entwicklung beitragen. Daher bekennen wir uns im erst kürzlich vorgestellten Digital Austria Act als Bundesregierung auch dazu, künstliche Intelligenzen zu fördern und die Chancen der neuen Technologie zu nutzen. Klar ist jedoch auch, Unternehmen benötigen Rechtssicherheit, daher arbeiten wir auf europäischer Ebene intensiv daran, den AI-Act – die europäische KI-Regulierung – zu verabschieden und setzen diesen auf nationaler Ebene mittels einer KI-Behörde um.

Florian Tursky ist Staatssekretär für Digitalisierung und unterstützt Finanzminister Magnus Brunner in sämtlichen Aufgaben seines Geschäftsbereichs. Darüber hinaus nimmt er als dessen parlamentarische Vertretung an wichtigen Sitzungen und Ausschüssen teil. Er vertritt die Agenden der Digitalisierung, Informationstechnologie und Telekommunikation auf internationaler Ebene im eigenen Wirkungsbereich.

Florian Tursky

SPORTTIMES: Viele Menschen haben aber auch Angst, dass sie durch die KI ihre Jobs verlieren könnten: Welche Branchen sind da gefährdet?
Tursky: Wir brauchen keine Angst vor Veränderung zu haben. Wir müssen jedoch dafür sorgen, dass wir die Chancen, die sich daraus ergeben nutzen. KI wird zu Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt führen, aber auch neue Arbeitsplätze schaffen. Eine aktuelle Statistik zeigt, dass Länder mit einem höheren Grad an Digitalisierung (und dazu zählt auch KI), eine niedrigere Arbeitslosigkeit aufweisen. Dass es eine gewisse Transformation von alten Berufsbildern hin zu neuen geben wird, liegt in der Natur der Sache. Wie es Weberinnen oder Kerzenmacherinnen jetzt nicht mehr in diesem Ausmaß gibt, werden sich auch in Zukunft die Berufsbilder verändern. Eben deshalb sind digitale Kompetenzen essenziell, um wettbewerbsfähig zu bleiben und die Potentiale der neuen Arbeitsplätze ausschöpfen zu können.

SPORTTIMES: Welche Anwendungsgebiete für KI sehen Sie im Sport bzw. in den Sportvereinen?
Tursky: Im Sport und in Sportvereinen gibt es zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten für künstliche Intelligenz. Ein Beispiel dafür ist das österreichische Rudernationalteam, das in Zusammenarbeit mit der Universität Wien künstliche Intelligenzen im Training einsetzt, um etablierte Trainingsmethoden zu hinterfragen und zu optimieren (Projekt Airow). Mithilfe von maschinellem Lernen und statischer Modellierung können essenzielle Daten (Leistung, Regeneration, Schlaf, Ernährung, …) analysiert und ausgewertet werden. Auf diese Weise können individuell angepasste Trainingspläne und optimale Belastungsintensitäten zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Sportlerinnen entwickelt werden.

Der Sport und seine Vereine haben eine große gesellschaftliche Kraft, um die Digitalisierung in die breite Masse der Bevölkerung zu bringen.

SPORTTIMES: Der Sport bzw. ihre Vereine haben ja auch eine große gesellschaftliche Kraft: Könnte man Digitalisierung auch dadurch in die breite Masse der Bevölkerung bringen?
Tursky: Definitiv! Der Sport und seine Vereine haben eine große gesellschaftliche Kraft, um die Digitalisierung in die breite Masse der Bevölkerung zu bringen. Durch die Kombination von Sport und digitalen Technologien können neue Möglichkeiten geschaffen werden, um Menschen für den Sport zu begeistern und ihre Teilnahme zu fördern. Ein gutes Beispiel hierfür ist der aufstrebende Bereich des eSports, bei dem Wettkämpfe im virtuellen Raum ausgetragen werden. eSports zieht ein breites Publikum an und trägt zur weiteren Verbreitung und Akzeptanz der Digitalisierung in der breiten Masse der Bevölkerung bei.

SPORTTIMES: Wie halten Sie es mit Sport: Sind sie sportbegeistert bzw. aktiv?
Tursky: Sport ist mein Ausgleich. Sehr gerne bin ich zuhause in Tirol in den Bergen unterwegs. Wenn es terminlich möglich ist, dann gehe ich täglich zum Cross-Fit.

SPORTTIMES: Waren Sie auch einmal Teil eines Sportvereins bzw. sind Sie es vielleicht auch noch immer?
Tursky: Ich bin derzeit Mitglied in einem Wintersportverein.

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