Diabetes kostet Österreich rund drei Milliarden Euro

Im Kampf gegen die Zuckerkrankheit braucht es mehr Vorsorge und Früherkennung in Österreich, die ÖGK stellt daher mehr Geld zur Verfügung. 

In Österreich haben mehr als 640.000 Menschen zwischen 20 und 79 Jahren – diagnostiziert und unerkannt – Diabetes. Rechnet man gefährdete Kinder und Prädiabetiker hinzu, ist die Zahl noch viel höher. Die Patienten leiden oft viele Jahrzehnte. Aber auch der Volkswirtschaft kommt diese Zivilisationskrankheit teuer zu stehen. Der Wiener Wirtschaftskreis, Thinktank in der Wirtschaftskammer Wien unter Leitung von Rudolf Taschner, hat das Thema anlässlich des bevorstehenden Welttages Diabetes (14. November) genauer unter die rotweißrote Lupe genommen. „Wir machen in Österreich zu wenig gegen Diabetes und sind deshalb im internationalen Vergleich schlechter. Es braucht einen nationalen Maßnahmenplan gegen diese Volkskrankheit“, resümiert Taschner in der Analyse des Wiener Wirtschaftskreises zum Thema Diabetes. Am Bericht haben unter anderem die Österreichische Gesundheitskasse, die Österreichische Diabetesgesellschaft und die SPORTUNION mitgearbeitet.

Die wichtigsten Fakten aus der Analyse:

  • Auf Basis aktualisierter Daten wurden die volkswirtschaftlichen Kosten der Volkskrankheit berechnet: In Österreich entstehen direkte und indirekte Kosten von 2,9 Mrd. Euro pro Jahr.
  • Alleine in Wien gibt es rund 123.000 Diabetes-Erkrankte, deren Behandlung 556 Mio. Euro jährlich kostet.
  • Mit 0,62 Prozent des Bruttoinlandprodukts gibt Österreich zur notwendigen Behandlung der Krankheit deutlich mehr als viele europäische Länder wie Irland (0,21 Prozent), Großbritannien (0,45 Prozent) oder die baltischen Staaten Litauen, Estland (beide 0,21 Prozent) und Litauen (0,26 Prozent).

Als konkrete Maßnahmen schlägt der Wiener Wirtschaftskreis vor, dass

  1. ein Schwerpunkt auf Kinder und Jugendliche in der Schule und deren Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten gelegt wird
  2. deutlich mehr Ressourcen in die Früherkennung von Diabetes investiert werden
  3. spezialisierte Diabeteszentren als Primärversorgungseinheiten geschaffen werden
Mehr gesunde Lebensjahre schaffen

„Österreich hat eines der besten Gesundheitssysteme der Welt, was die gesunden Lebensjahre betrifft liegen wir jedoch auf den hinteren Plätzen der EU. Die österreichische Bevölkerung kommt auf 57 Jahre, während etwa Schweden auf 16 weitere gesunde Jahre bauen kann. Regelmäßige Bewegung ist das beste ‚Medikament‘, um ein gesünderes Leben zu schaffen. Dazu braucht es einen ‚Sport Deal‘ für mehr gesunde Lebensjahre, wozu eine engere Kooperation zwischen dem Gesundheitssektor und dem Vereinssport notwendig ist. Sportstätten statt Krankenbetten – daher ist für Sportvereine auch eine verpflichtende Öffnung der öffentlich finanzierten Schulsportstätten erforderlich“, hält SPORTUNION-Präsident Peter McDonald fest. Zu den wegweisenden Gesundheitssport-Initiativen gehört beispielsweise „Jackpot.fit“, worauf weiter aufgebaut werden soll. „Die Basis für ein gesundes Leben wird in der Kindheit und Jugend gelegt, wo der Bewegungsmangel aufgrund der Corona-Krise dramatisch zugenommen hat. Rund ein Drittel der jüngsten Generation ist mittlerweile übergewichtig. Deshalb braucht es für die fortlaufende Pandemie zudem eine ‚Nachwuchssport-Garantie‘, betont McDonald.

Telefonzelle als Infopoint

Darüber hinaus sollen auch unkonventionelle Wege beschritten werden: „Gerade das Bewusstsein für Diabetes ist so wichtig. Die Informationen, was Diabetes auslöst, welche Folgeschäden entstehen und wie man sich testen lassen kann, sind niederschwellig zugänglich zu machen. Dafür könnte man beispielsweise die alte Telefonzellen-Infrastruktur landesweit adaptieren und in den Wochen um den Weltdiabetes-Tag mit digitalen Informationen, Schautafeln und Hinweisen zu Anlaufstellen für Schnelltests ausstatten. Jeder frühzeitig erkannte Diabetes-Fall, verhindert jahrzehntelanges Leid und hohe volkswirtschaftliche Kosten“, bringt Alexander Biach, Standortanwalt in der Wirtschaftskammer Wien hier einen neuen Vorschlag.

Mehr Geld zur Früherkennung

Positiv bewertet die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) diesen Vorstoß, niederschwellige Zugangsformen zur Diabetesfrüherkennung abseits des niedergelassenen Bereichs zu entwickeln. „Gleichzeitig wird die Diagnose durch die Messung des HbA1c-Werts für die Volkskrankheit Diabetes im niedergelassenen Bereich künftig von der Kasse bezahlt. Auf Wunsch kann der Arzt als Vorsorge eine entsprechende Blutuntersuchung anordnen. Der Patient bekommt die entsprechende Analyse dann von der Kasse bezahlt“, sagt ÖGK-Verwaltungsrat Martin Schaffenrath.

Schwere Erkrankung vermeiden

Welch schwerwiegende Krankheit Diabetes ist und was man sich bei der Früherkennung erspart, erläutert Susanne Kaser, Präsidentin der Österreichischen Diabetesgesellschaft: „Prädiabetes ist die Vorstufe des Typ-2-Diabetes und betrifft laut Schätzungen 350.000 Menschen in Österreich. Es macht keine Beschwerden, kann aber schon bleibende Schäden wie Nervenstörungen anrichten. Eine frühe Erkennung ist nicht nur wichtig, um die Entstehung eines Typ-2-Diabetes zu verhindern oder hinauszuzögern, sondern auch um irreversible Gewebsschädigungen zu vermeiden und auch häufige begleitende Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Übergewicht und Fettstoffwechselstörungen frühzeitig zu behandeln.“

Den Diabetes-Bericht des Wiener Wirtschaftskreises finden Sie unter: www.wko.at/diabetes

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