Anlässlich des Abschlusses des Ehrenamtsschwerpunkts des Hohen Hauses übergab Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka eine mit Unterstützung der FH Campus Wien erstellte Studie zur Zukunft des Ehrenamts an Sozialminister Johannes Rauch und Ehrenamts-Staatssekretärin Claudia Plakolm. In der Studie sind die im Zuge der Aktivitäten 2021 und 2022 erhobenen Anliegen der ehrenamtlich Tätigen dargestellt.
Im Rahmen des Festakts wurde das Schwerpunktjahr zum Thema Ehrenamt abgeschlossen, die Arbeit an dem Thema werde aber weitergehen, betonte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka in seiner Rede mit Verweis auf die politische Diskussion einer Reform des Freiwilligengesetzes. Die Studie zur Zukunft des Ehrenamts werde dazu eine wertvolle Orientierung geben. Das Ehrenamt sei für die Engagierten selbst sehr wichtig und damit eine Bereicherung, hob Sobotka aus seiner eigenen Ehrenamtserfahrung hervor. Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen, sei ein großer Schatz, für den gute Rahmenbedingungen geschaffen werden müssten. Dabei brauche es einerseits Absicherung, andererseits aber auch viel Freiheit und damit Fingerspitzengefühl in der Gestaltung dieser Rahmenbedingungen, meinte Sobotka in Richtung der Parlamentsfraktionen und der Bundesregierung.
Ehrenamt ist Basis und Fundament für viele Bereiche der Gesellschaft
Das Sozialministerium unterstützt unter anderem den Aufbau des ersten digitalen Freiwilligenzentrums. Das Freiwilligengesetz, das freiwillige Sozialjahr und das freiwillige Umweltjahr sind evaluiert worden. Die Ergebnisse würden nun geprüft, politisch diskutiert und gegebenenfalls gesetzlich verankert, betonte Bundesminister Rauch. Das Ehrenamt ist ein Treffpunkt von Menschen, die mehr tun als bloß ihre Pflicht, erklärte Ehrenamts-Staatssekretärin Claudia Plakolm. Österreich lebe vom Ehrenamt wie kaum ein anderes Land. Dieses sei die Basis und das Fundament für viele Bereiche der Gesellschaft. Das Ehrenamt bilde ein Netz, das Menschen verbinde, wies Plakolm auch auf die Bedeutung des Ehrenamts für die psychische Gesundheit hin.
Studie zeigt Bedeutung von Ehrenamt und Verbesserungspotenziale
Mit Unterstützung der FH Campus Wien wurde eine Studie zur Zukunft des Ehrenamtes erstellt. Dazu wurden eine repräsentative quantitative Befragung durchgeführt sowie die Ergebnisse einer Podiumsdiskussion, des Crowdsourcing-Projekts des Parlaments und der Open-Space-Veranstaltung “Dialogforum Ehrenamt” ausgewertet.
Über 70% der Menschen aus Österreich waren oder sind aktuell ehrenamtlich tätig, erläuterte Elisabeth Haslinger-Baumann, Vizerektorin für Forschung und Entwicklung der FH Campus Wien, die Ergebnisse der repräsentativen Befragung (n=1.931). Damit bestehe eine ausgeprägte solidarische Haltung in der Bevölkerung, so Haslinger-Baumann. Das ehrenamtliche Engagement ist nach Altersgruppen relativ gleichmäßig verteilt, bei den 71- bis 75-Jährigen aber am höchsten. Es nimmt mit der formalen Bildung und dem Einkommen der Akteurinnen und Akteure zu. Sozialeinrichtungen, Sport und Bildungsaktivitäten zählen zu den beliebtesten Tätigkeitsbereichen.
Bei der Open-Space-Veranstaltung “Dialogforum Ehrenamt” wurden im Parlament Verbesserungsmöglichkeiten für die Freiwilligenarbeit gemeinsam mit Expert:innen gemeinnütziger Organisationen diskutiert und im Bericht zusammengefasst. So befürworteten die Teilnehmer:innen zur Absicherung von Freiwilligen unter anderem den Ersatz von Fahrtkosten, die Absicherung bei Unfällen und Vergünstigungen bei Einkäufen. Zudem wurden Zeitrechte wie Urlaubstage oder Freistellungen als zentrale Anliegen festgehalten. Als dringendes Anliegen wurde eine ausreichende Basisfinanzierung der Organisationen vorgebracht. Die Errichtung von Service- und Kompetenzstellen wurde entschieden begrüßt. Außerdem wurde ein Gütesiegel für Unternehmen als Unterstützung einer ehrenamtsfreundlichen Unternehmenskultur von den Teilnehmende diskutiert. Das Einbeziehen von Schulen und das Erschließen neuer Zielgruppen wurde ebenso als wichtig erachtet. Zum Thema Anerkennung der Kompetenzen von Freiwilligen wurden mögliche Wege aufgezeigt, aber auch Bedenken geäußert.
Nicht nur, aber vor allem in Krisenzeiten nehme das Ehrenamt einen Teil der kritischen Infrastruktur ein, indem es die Hilfsbereitschaft strukturiert und wichtige Bereiche abdeckt, meinte Haslinger-Baumann. Es sei daher wichtig, dass das Ehrenamt nachhaltig für die Zukunft abgesichert und die Rahmenbedingungen rund um das Ehrenamt gestärkt werden, hob die Vizerektorin abschließend hervor.
Ehrenamtliche sehen Handlungsbedarf bei Rahmenbedingungen
Die Digitalisierung sei während der Pandemie und besonders während den Lockdowns sehr wichtig für das ehrenamtliche Engagement gewesen, waren sich die ehrenamtlichen Teilnehmenden in einer Interviewrunde einig. Insgesamt wären Rahmenbedingungen für die bessere Vereinbarkeit von Ehrenamt und Beruf wichtig, meinte Dominik Drljo, Aha-Jugendinfo Vorarlberg. Für eine bessere Absicherung durch Unfall- und Haftpflichtversicherung trat Mateo Palac, Mitglied der Blasmusik und Freiwilligen Feuerwehr, ein. Bei einer neuerlichen Verschärfung der Corona-Maßnahmen müsste sichergestellt werden, dass Ehrenamtliche ihre Arbeit vor Ort und nicht nur über das Telefon erledigen können, forderte Monica Müller vom MOMO Kinderhospiz. Außerdem trat sie für Kostenübernahmen von Ausbildungskosten und für die Ehrenamtskoordinatorinnen und Ehrenamtskoordinatoren in den Organisationen ein. Die Anrechnung des Ehrenamts bei der Ausbildung sei insbesondere für junge Menschen wichtig, meinte Laura Schaufler, Österreichisches Rotes Kreuz. Maßnahmen, um mehr Nachwuchs für das Ehrenamt zu gewinnen, befürwortete Leonie Ferscha von der SPORTUNION.
Die Studie zur Zukunft des Ehrenamts steht unter www.parlament.gv.at/EHRENAMT/ [Hinweis: Seit Anfang 2023 nicht mehr online] zum Download zur Verfügung. Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie auf der Website des Parlaments.