Am Wochenende hat Maria Gstöttner ihr letztes Spiel für den USV Neulengbach bestritten. Die 38-Jährige beendete nach 393 Toren in der österreichischen Fußball-Bundesliga ihre rekordreiche und einzigartige Karriere.
Im Jahr 1998 lief Maria „Mary“ Gstöttner das erste Mal für ihren USV Neulengbach in der höchsten Spielklasse auf. Mit nur 14 Jahren wurde sie schnell zur Stammspielerin. Es folgte eine eindrucksvolle und die bislang erfolgreichste Karriere aller Spielerinnen in der österreichischen Fußball-Bundesliga. In ihrer 24 Jahre andauernden Laufbahn schoss die heute 38-Jährige 393 Tore in Österreichs höchster Spielklasse. Am Samstag trat sie nach dem Spiel gegen Meister St. Pölten zuhause im Wienerwaldstadion offiziell zurück, wurde tränenreich verabschiedet.
Gstöttner wurde sechs Mal Torschützenkönigin in der Bundesliga, holte zwölf Meistertitel und zehn Cupsiege. Sie lief auch in 35 Länderspielen auf, erzielte dabei fünf Tore. Dazu kommen Hunderte Tore in Cup und zweiter Liga. In der Saison 2003/04 wurde sie mit elf Toren auch Torschützenkönigin in der Champions League (damals noch UEFA Women’s Cup). Insgesamt traf sie in der Champions League 26 Mal in 44 Spielen.
Gstöttner über ihren Rücktritt
„Die jungen Mädels sind sehr talentiert und spritziger als ich, der Kampf um das Leiberl wurde nicht leichter. Bei der Regeneration habe ich zuletzt auch gemerkt, dass alles länger dauert“, erklärt Gstöttner ihr Karriere-Ende. In der Vorsaison hatte sie noch vier Mal in der Bundesliga getroffen, heuer reichte es nur noch für zwei Kurzeinsätze. Dem Fußball will sie in der einen oder anderen Form erhalten bleiben. „Jetzt nehme ich mir aber einmal ein halbes Jahr Auszeit und schaue als Fan zu“, sagt sie. Außerdem sollen auch Familie, Urlaub und ihre zweite Leidenschaft, das Tennisspielen, mehr in den Fokus rücken. Gstöttner arbeitete, und tut es immer noch, neben ihrer Fußballkarriere auch 40 Stunden bei einer Versicherungsanstalt.
Als Karriere-Höhepunkte in Erinnerung hat sie den ersten Meistertitel 2003, ihre Bruno-Auszeichnung, den Einzug in das Champions League Viertelfinale 2013/14 und ihr Kopfballtor gegen Kairat Almaty, das den USVN 2011/12 vor über 1.000 ZuschauerInnen im randvollen Wienerwaldstadion ins Champions League Achtelfinale brachte. Gstöttner hatte ihre Karriere beim SV Würmla begonnen, war ab 1998 dann durchgehend und weitestgehend verletzungsfrei für Neulengbach aktiv. Die 30 Einsatz-Minuten am 5. November 2022 beim 1:3 gegen den SKN St. Pölten waren nun ihre letzten.
Lob in höchsten Tönen
In ihrem Umfeld weiß man vor allem die bodenständige und sympathische Art von Gstöttner zu schätzen. „Mary hat den Verein immer großartig vertreten, hat in der Kantine und bei allen Veranstaltungen mitgearbeitet, war sich nicht einmal zu schade, die Wäsche zu waschen als die zuständige Funktionärin einmal ausfiel. Sie hat nie die Aufmerksamkeit gesucht, ist trotz aller Erfolge immer bescheiden geblieben“, erzählt Neulengbachs Obmann Thomas Wirnsberger.
Lob für die großartige Karriere gibt es auch von der SPORTUNION, der der USV Neulengbach angehört. „Was Mary für die Entwicklung des österreichischen Frauenfußballs geleistet hat, ist einzigartig. Sie hat Geschichte geschrieben und ist ein Vorbild für viele kommende Generationen“, sagt SPORTUNION-Präsident Peter McDonald. Der SPORTUNION ist der Frauenfußball ein großes Anliegen. Mit Neulengbach (12), dem USC Landhaus (12) und der Union Kleinmünchen (8) gehören die drei Vereine mit den meisten Meistertiteln dem Dachverband an.
Zu den Statistiken im Frauenfußball
Genaue Daten werden im österreichischen Frauenfußball erst seit der Saison 2007/08 mit der Einführung des ÖFB-Onlinesystems erfasst. 162 Tore hat Gstöttner seit damals in der Bundesliga erzielt, 180 weitere im Cup und mit der 1b-Mannschaft der Neulengbacher. Die Aufzeichnungen aus den besonders erfolgreichen Jahren davor basieren auf archivierten Torschützinnenlisten und Spielberichten des Vereins. An Gstöttners Bilanz kommt in diesem Jahrtausend keine andere Spielerin annähernd heran, aus dem vorherigen könnten nur Spielerinnen der Serienmeister Union Kleinmünchen und USC Landhaus in Frage kommen.
Die SPORTUNION fragte deshalb bei beiden Vereinen nach. Das Ergebnis: 393 Tore gehen sich bei keiner Spielerin aus. In den 90er Jahren traf Kleinmünchens Gertrud Stallinger zwar in ähnlicher Manier wie Gstöttner, war aber nur halb so lange in Österreich aktiv und die Meisterschaften bestanden aus deutlich weniger Runden. Dass Gstöttner die Rekordtorschützin der Bundesliga ist, steht damit außer Zweifel. Sie könnte auch die Spielerin mit den meisten Einsätzen sein, die Daten diesbezüglich lassen sich allerdings kaum noch rekonstruieren.
Fotos: USV Neulengbach/Patrick Pfundner (11), USV Neulengbach (2), SPORTUNION (2)