Im Wirtschafts-Jargon würde man es wohl als „feindliche Übernahme“ bezeichnen, was sich da Anfang Dezember 2018 in Baku zugetragen hat. Auf dem dort stattfindenden Kongress des Turn-Weltverbandes FIG beschlossen die Delegierten nämlich mit Dreiviertel-Mehrheit, die Sparte Parkour/Freerunning als achte Disziplin aufzunehmen. An sich nichts Verwerfliches – wenn es im Sinne der Traceure und Traceusen gewesen wäre. War es aber nicht, wie tausende Posts in dutzenden Foren nahelegen, an deren Ende sich die immer gleichen Hashtags finden: #weareparkour; #wearenotgymnastics.
Ins Visier der Turn-Funktionäre geriet der Trendsport, als das Internationale Olympische Comité Parkour/Freerunning für sein Wettkampfprogramm bei Sommerspielen entdeckte. Nach Beachvolleyball und Mountainbike (beide seit 1996), BMX (Freestyle + Race/seit 2008), Surfen, Sportklettern (Kombination) und Skateboard (Street und Park/alle ab 2020) sollen nun die urbanen AkrobatInnen 2024 in Paris erstmals für Aufmerksamkeit in der olympiamüden, jungen Zielgruppe sorgen. Einen eigenen Verband als neuen Ansprechpartner jedoch wollte das IOC nicht akzeptieren. Und machte den Fehler, FÜR die Betroffenen eine neue sportliche Heimat zu suchen – statt MIT ihnen.
Hätte zugegebenermaßen langwierig und mühsam werden können. Die Sportart ist nämlich in jedem Land anders strukturiert – oder auch gar nicht. Von Parkour Earth, einer der wenigen länderübergreifenden Institutionen, fühlen sich tatsächlich die wenigsten vertreten, bringt es Pamela Forster auf den Punkt.
Die 32-Jährige ist die einzige Traceuse, die hierzulande von ihrer Passion leben kann, wird für Film-Stunts nach London, Prag oder, wie vor kurzem, nach Mumbai eingeflogen. Sie ist in Österreich das Gesicht einer ganzen Sportart, organisiert Events für die Community („Pam Jam“), wurde in den letzten Jahren regelmäßig als nur eine von drei Damen zum prestigeträchtigsten Contest der Szene, dem „Red Bull Art of Motion“, eingeladen, bildet Übungsleiter und Instruktoren aus, ist Mitbegründerin der Ape Academy in Wien, einem Indoor-Paradies für urbanen Hindernislauf, und amtiert seit 2018 als Präsidentin des Österreichischen Parkour- und Freerunningverbandes (ÖPFV). »Brauchen würden wir eine Verbands- und Vereinsstruktur für unsere Zwecke nicht unbedingt, aber wir wollten ein Zeichen setzen, dass wir bereit sind, unsere Unabhängigkeit und Eigenständigkeit zu verteidigen. Genutzt hat es allerdings wenig«, bedauert die gebürtige Gänserndorferin.
Verborgen sind ihre Verdienste um die Trendsportszene im allgemeinen und um Freerunning im speziellen aber keineswegs geblieben. Als der damalige SPORTUNION-Präsident in spé, Peter McDonald, im Frühsommer 2018 begann, sein Vorstandsteam zusammenzustellen, stand Pamela Forster ganz oben auf seiner Liste. »Peter möchte die SPORTUNION zum Home of Urban Sports machen und mich zu dessen Interessensvertretung. Zudem soll ich die Schnittstelle zur Jugend, zu ihren Sportarten und ihrer Art zu kommunizieren sein. Letztlich geht es auch darum, die Drop-Out-Quote an der Schwelle zum Erwachsenwerden zu minimieren. Bisher habe ich es nicht bereut, zugesagt zu haben. Man nimmt mir meine mitunter kritischen Fragen nicht übel, ich habe viele gute Gespräche führen dürfen und wurde mit der Leitung des Ausschusses für Jugend- und Zukunftssport betraut. Ein weites Feld, wo es unter anderem darum gehen wird, wie man bestehende Formate wie U-Tour oder UGOTCHI weiterentwickeln und die junge Generation für das Ehrenamt begeistern kann.«
Parallel zu all diesen Agenden will Forster weiter dafür kämpfen, den ursprünglichen Charakter von Parkour/Freerunning zu erhalten.
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