Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sind weiter am Vormarsch und eröffnen ganz neue Möglichkeiten. Auch und vor allem im Sport. Die SPORTUNION rüstet sich bereits für die Zukunft und treibt neue Entwicklungen voran.
von Kurt Vierthaler
“Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit”, sagte einst Carl Josef Neckermann, Begründer des ersten deutschen Versandhandels. Und was damals galt, gilt heute in Zeiten der Digitalisierung und Globalisierung umso mehr. Mittlerweile nützen bereits über als 5 Milliarden Menschen das Internet, was mehr als 64 Prozent der Weltbevölkerung entspricht. Vor zehn Jahren war es gerade einmal die Hälfte.
Die Zahlen für Österreich stellen sich sogar noch imposanter dar: Laut dem Digital-Report von “We are Social” und “Hootsuite” nützen über 94 Prozent der Österreicher:innen das Internet. Und das täglich 5 Stunden und 22 Minuten! Kurzum: Die Digitalisierung ist nicht nur nicht aufzuhalten, sondern schon längst angekommen.
Die Arbeitswelt und das private Umfeld verändern sich rasant: “In einer digitalen Welt bedarf es neuer Kompetenzen, um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden”, erklärt Florian Tursky, Staatssekretär für Digitalisierung und Telekommunikation, im SPORTTIMES-Interview. “Mein Fokus ist daher unter anderem der Ausbau der digitalen Kompetenzen, denn nur wer digital kompetent ist, kann die Chancen und Risiken einschätzen und für den persönlichen Vorteil nutzen. Dafür haben wir im Februar die digitale Kompetenzoffensive gestartet und ich rate daher jedem zu einem digitalen Workout.”
AI als Chance und nicht als Gefahr
Chancen und Risiken gibt es aktuell vor allem deshalb, weil sich der Bereich der Artificial Intelligence (AI), zu deutsch Künstliche Intelligenz (KI), immer rasanter weiterentwickelt. Und wer hier nicht schon früh auf den Zug aufspringt, läuft Gefahr, zurückgelassen zu werden, wie AI-Experte Josef Füricht erklärt. “Natürlich gibt es ein Bedrohungspotenzial. Wer nicht mit AI umgehen kann, wird ein Problem bekommen.”
Dieser Artikel ist ursprünglich für unser Verbandsmagazin “Sporttimes” verfasst worden. Die “Sporttimes” sind im Abo erhältlich, erscheinen vier Mal pro Jahr und informieren auf 42 Seiten über die wichtigsten Neuigkeiten aus der SPORTUNION sowie dem österreichischen Sportgeschehen.
Auch im Sport bzw. Breitensport spielt Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eine immer stärkere Rolle. So arbeitet die SPORTUNION beispielsweise an einem Projekt, das der Website ein ganz entscheidendes Feature hinzufügen soll. “Mit unserem AI-Concierge kann man – ähnlich wie mit Chatbots – reden und Fragen stellen. Die Idee der SPORTUNION ist, die Informationen aus der Sportwelt so aufzubereiten, dass man sie auch befragen kann”, erläutert Josef Füricht. Ein AI-Chatbot soll dabei zwei Ebenen bedienen: einerseits als Empfehlungssystem für Kund:innen und Mitglieder von Vereinen und andererseits als 24/7-Service-Ansprechpartner für die Vereinsfunktionär:innen selbst.
ChatGPT im Einsatz für den Sport?
Das heißt, als Sport-Buddy hilft der Bot zum Beispiel den richtigen Kurs zu finden, der gerade in meiner Nähe stattfindet und zu meinem physischen Zustand passt. Als Service-Stelle für Funktionär:innen soll er Detailfragen zur Fülle an Serviceleistungen beantworten können, Fragen zu Projekten, Förderungen, Vereinsversicherungen und mir dabei auch Vorlagen zur Verfügung stellen. Ein Kassabuch, ein PRAE-Formular, Design- Vorlagen, Leitfäden, etc. Außerdem soll der Bot Fragen rund um Sportstätten klären: “Wo finde ich Räumlichkeiten für mein Karate-Training mit 30 Kindern?”
Die KI kann auch Fachliteratur zum Thema Vereinsrecht lernen und dann Fragen beantworten wie: “Was muss ich bei der Durchführung einer Generalversammlung beachten?”, “Muss ich jedes Jahr eine Rechnungsprüfung durchführen?”. “Wir sprechen in diesem Zusammenhang von generativer AI. Das ist ein großer Schritt, den Firmen wie OpenAI oder Google ermöglicht haben”, so Füricht. Namentlich sind in den vergangenen Monaten vor allem Tools wie ChatGPT (Text-Generierung) oder Midjourney (Bild-Generierung) einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden.
Videobereich setzt schon lange auf Digitalisierung
Ein Bereich, in dem die Möglichkeiten der Digitalisierung schon längere Zeit eine gewichtige Rolle spielen, ist die Video-Branche. Egal, ob in der Live- oder Postproduktion – die Künstliche Intelligenz ist auch hier am Vormarsch. “Bei einer Spielzusammenfassung von DAZN sitzt niemand mehr und schneidet”, verrät Video-Experte Rainer Rößlhuber. “Da wird schon während des Spiels von der KI erkannt, was eine hochwertige Chance ist. Es wird dann laufend kategorisiert: Eine 100-prozentige Chance kommt in die Highlights, ein Schuss, den der Tormann runterklaubt, kommt nicht rein.”
Rößlhubers Unternehmen SportPass Austria setzt bei Live- Spielen ebenfalls auf Künstliche Intelligenz. “KI-Kameras haben eine 180-Grad-Bildabdeckung. Du hast eine Kamera hängen, in der mehrere Linsen drin sind. Eigentlich sind es drei nebeneinander geschaltete Kameras, die ein Blickfeld von 180 Grad abdecken. Sie liefern ihre Bilder ins Rechenzentrum, dort wird dann gerechnet und zu einem gemeinsamen Bild verdichtet. Außerdem wird noch gezoomt und ins Spielgeschehen hineingefahren. Bei den Teamsportarten ist die Technologie schon relativ weit.”
Aber nicht nur im Spitzensport kommt die KI zum Einsatz, auch im Breitensport sieht Rößlhuber für die Zukunft einige potenzielle Anwendungsfälle. “Dass man individualisierte Trainingsprogramme bekommt, bei denen der Computer 20 Yoga-Übungen auf Basis einer vorangegangenen Eingabe vorschlägt, wird relativ schnell gehen. Der nächste Schritt wäre dann, dass dir eine KI beim Training zuschaut und Anweisungen gibt, wie du es besser machen kannst. Das Datenhirn beobachtet dich und korrigiert dich wie ein echter Trainer.”
Exergaming hilft jungen und älteren Menschen
Generell gewinnt Digitalisierung in puncto Bewegung schon länger an Bedeutung. Beim sogenannten Exergaming werden Videospiele („Gaming“) mit körperlicher Aktivität („Exercise“) verbunden, was bedeutet, dass man sich beim Spielen an der Konsole bewegt. Mittlerweile haben Exergames auch den Weg in die Praxis gefunden, z.B. in Schulen, Gemeinden und zu Hause als mögliche Lösung zur Eindämmung von Bewegungsmangel und Fettleibigkeit bei Kindern.
“Wir brauchen keine Angst vor Veränderungen zu haben!”
Auch bei älteren Menschen kann Exergaming nützlich sein, um traditionelle Bewegungsbarrieren zu überwinden und sie bei der Wiederherstellung des Gleichgewichts und der funktionellen Mobilität zu unterstützen. Diverse Studien haben beispielsweise den Effekt von Exergaming bei älteren Personen untersucht. Insgesamt nahmen 1.520 ältere Erwachsene, mit einem Durchschnittsalter von 76 ± 6 Jahren in der Experimentalgruppe und 76 ± 5 Jahre für die Kontrollgruppe an den Studien teil.
Die quantitative Synthese zeigte signifikante Verbesserungen des Gleichgewichts und der Mobilität. Exergaming, AI-Concierge und Video sind aber nur drei Bereiche, die mittels Künstliche Intelligenz und Digitalisierung revolutioniert werden bzw. wurden. “Mit KI können wir Fortschritte in der Medizin, in der Landwirtschaft und im Bereich der erneuerbaren Energien erzielen und damit die Lebensqualität der Menschen insgesamt verbessern”, erklärt Staatssekretär Tursky und appelliert: “Wir brauchen keine Angst vor Veränderungen zu haben!”