Im Rahmen eines Zukunftstalks auf ÖFB-TV sprachen sich hochkarätige Gäste aus dem Sportbereich sowie der Wissenschaft für ein Umdenken und die nächsten Schritte aus.
Die Corona-Pandemie legt die Sportwelt weiterhin weitgehend lahm, erste Öffnungsschritte für den Nachwuchssport wurden zuletzt für 15. März beschlossen. Beim Zukunftstalk „Sport trifft Wissenschaft“ auf ÖFB-TV diskutierten am Mittwochabend hochkarätige Gäste zum Thema „Generation Corona – Wege für Kinder und Jugendliche aus der Krise“. Veranstaltet wurde die Gesprächsrunde vom ÖFB, der SPORTUNION sowie dem Schulverein SIMPLY STRONG.
Die namhaften Expertinnen und Experten aus den Bereichen Sport, Neurobiologie, Psychologie, Kinder- und Jugendheilkunde, Sportwissenschaft, Pädagogik, Public Health und Wirtschaft fanden durchwegs sehr deutliche und aufrüttelnde Worte zur aktuellen Situation. Alle sind sich einig: Österreich braucht ein rasches Vereinssport-Comeback – Bewegung ist essentiell für unsere Gesellschaft, insbesondere aber für Kinder und Jugendliche.
Der gesamte Talk kann hier nachgesehen werden: https://youtu.be/fCo_dXpMblg
Statements der Teilnehmenden
Mag. Peter McDonald, SPORTUNION-Präsident:
“Die Pandemie hat uns im letzten Jahr gelehrt, dass der Sport nicht die wichtigste Nebensache ist, sondern für sehr viele von uns eine ganz wichtige Hauptsache – vor allem für unsere Kids ist Sport die beste Lebensschule, was Wertbildung wie Fairness, Leistungsorientierung oder soziale Kompetenz und Leadership betrifft, aber auch die beste Gesundheitsförderung auf Lebenszeit. Wir haben ein tolles Gesundheitssystem, liegen aber bei den gesunden Lebensjahren in der EU im letzten Drittel. Umso wichtiger ist es, nach dem Vorbild Schweiz rasch nächste Öffnungsschritte für den Sport in Österreich vorzubereiten.“
Dr. Leo Windtner, ÖFB-Präsident:
„Es ist unbestritten, dass der Sport – im Besondern Mannschaftssport wie Fußball – für Kinder und Jugendliche eine Lebensschule schlechthin darstellt. Man lernt, miteinander zu gewinnen, zu verlieren, einander zu achten. Die Kinder erleben im Verein zum Teil auch die zweite Familie.
Dr. Werner Schwarz, Sportwissenschafter und Schuldirektor:
„Wir stehen in den Schulen hauptsächlich vor emotionalen und Beziehungsherausforderungen nach den langen Lockdown-Phasen. Man muss die Dinge mehr ganzheitlich betrachten. Kinder brauchen jetzt vor allem Beziehungen und Bewegung, was ihnen auch besonders wichtig ist. Das kann ich auch an jedem Schultag beobachten. Sport ist auch Spiel – wodurch viele wieder Freude finden, miteinander etwas zu machen.“
Felix Gottwald, Olympiasieger, Vortragender, Trainer und Coach:
„Wir leben in einem Land, wo ein Haarschnitt wichtiger ist als ein vernünftiger Bezug zu seinem eigenen Körper. Selten sind sich alle Expertinnen und Experten in einer Sache einig, aber dass Bewegung und Sport gesund sind, bestreitet niemand. Jeder von uns kann Eigenverantwortung übernehmen und durch Bewegung und Sport Vorbild für sich, für unsere Kinder und für andere sein. Besser heute als morgen.“
Prof. Dr. Gerald Hüther, Neurobiologe, Vorstand der Akademie für Potentialentfaltung:
„Wir haben Kinder in eine Situation gebracht, in der sie sich selbst zwingen müssen, ihre lebendigsten Bedürfnisse zu unterdrücken. Es wird schwierig sein, diese unterdrückte Lebendigkeit wieder neu zu erwecken. Dem Sport kommt dabei eine enorm hohe Bedeutung zu, Unterrichtsausfall lässt sich nachholen, verloren gegangenes Interesse an sportlicher Betätigung nicht.“
Univ.-Prof. Dr. Christoph Pieh, Universitätsprofessor für Psychosomatische Medizin, Donau-Uni Krems:
„Österreich erlebt aufgrund der Corona-Krise besorgniserregende Entwicklungen, vor allem bei jungen Leuten. Allein jeder zweite Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren hat mittlerweile eine depressive Symptomatik. Sport ist hier eine wichtige Ressource: Je mehr Sport gemacht wird, desto seltener treten psychische Symptome bei Kindern und Jugendlichen auf. “
Univ. Prof. Dr. Reinhold Kerbl, Generalsekretär der Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde:
„Wir sollten nicht von einer Lost-Generation sprechen, sondern müssen Kindern und Jugendlichen stattdessen eine Perspektive geben. Kinder und Jugendliche brauchen die Gruppe und eine soziale Umgebung, wo sie miteinander interagieren und Spaß haben können. Sportvereine leisten da einen enorm wichtigen und eigentlich unverzichtbaren Beitrag.“
Dr. Martin Sprenger, Leiter der Public Health School, Med-Uni Graz:
„Die entscheidende gesundheitswissenschaftliche Frage ist, was uns und unser Immunsystem gesund hält. Bewegung in der frischen Luft ist hierfür ein ganz entscheidender Faktor, insbesondere für Kinder. Der Vereinssport bedeutet dabei weit mehr als nur Bewegung, dieser hat vor allem auch positive psychische und soziale Auswirkungen.“
Dr.in Anna Kleissner, stv. Geschäftsführerin SportsEconAustria:
„Sechs von zehn Erwachsenen und 8 von 10 Kindern bewegen sich zu wenig oder gar nicht – diese Zahl steigt von Jahr zu Jahr und wird durch die Corona-Krise befeuert. Was sich die heute Erwachsenen in ihrer Kindheit pro Tag bewegt haben, schaffen die meisten Kinder heute nicht mal in einer Woche. Wenn wir hier nicht aktiv entgegensteuern, werden die Kosten im Gesundheitswesen und für die Wirtschaft stark ansteigen.“