Inzwischen haben wir den 15. Oktober und ich sitze hier gerade in meinem Lieblings-Frühstückscafé in Graz, versunken in Gedanken. Ein paar die mich beschäftigen und manche, die mich ein bisschen Grinsen lassen. Der heutige Montag ist für mich der erste Tag meiner Renn- und Trainingspause, Zeit also, um die letzten Wochen noch einmal Revue passieren zu lassen.
Sommer
Die Überschrift deshalb, weil sich der heurige Sommer für mich im Nachhinein wie ein eigenes Kapitel anfühlt. Nach der Magen-Darm Grippe mit ordentlicher Antibiotikum Kur habe ich mal ein paar Wochen gebraucht, bis ich mich am Rad wieder wohlgefühlt habe. Mental war das gar nicht so leicht. Könnt ihr euch vorstellen was einem Athleten durch den Kopf geht, wenn die Werte in der Vorbereitung auf das wichtigste Rennen des Jahres so schlecht sind wie schon lange nicht mehr? Und das nach einer Saison, die wohl nicht viel besser hätte sein können! Aber was, wenn sich die
‚schlechten’ Trainings am Ende doch bezahlt machen? Wenn dann nach ein paar Wochen das ganze Gift wieder aus meinem Körper draußen ist? Bin ich dann wieder schnell?
Mein ‚Comeback’ Rennen beim Swiss Cup in Villars war auf jeden Fall noch ein bisschen zu früh, mit einem fünften Platz aber auch keine Katastrophe. Eine Woche danach stand schon der Weltcup in La Bresse vor der Tür und ich müsste lügen, wenn ich euch sage, ich hätte nicht schon wieder hohe Ziele gehabt. Erreicht habe ich diese Ziele nicht, dafür waren drei Reifendefekte um drei zu viel (zu meiner Verteidigung – es hat in diesem Rennen unglaublich viele Defekte gegeben). Aber – ich habe mich in den ersten Runden wieder richtig gut gefühlt! Zwei Wochen vor der WM war das ein Lichtblick den ich dringend gebraucht habe. Und dann ging’s ab nach Livigno für den letzten Feinschliff!
Die WM – Lenzerheide / SUI
Ein XCO Fahrer fährt ca. 20-25 Rennen pro Jahr, davon sieben Weltcups und eine WM. Macht acht Rennen bei denen man mit allen Top-Fahrern am Start steht. Sieben Chancen gute Weltcupergebnisse einzufahren, an denen man dann als Fahrer irgendwie gemessen wird. Und die WM – das Rennen bei dem jeder schnell sein will!
Nach der Höhenanpassung in Livigno und den letzten Trainings auf der Strecke hatte ich ein richtig gutes Gefühl was mein WM Rennen anging. Und das gute Gefühl sollte sich bewahrheiten!
Rang 23!
Das war genau das, was ich bei meiner ersten Elite WM zeigen wollte! Nach den ganzen Rückschlägen im Sommer habe ich es geschafft, noch einmal alles auf den Punkt zu bringen und ich muss euch sagen, dass ich richtig stolz darauf bin.
Swiss Epic
In der Woche nach der WM hatte ich die Ehre oder das Vergnügen, mit meinem Teamkollegen Thomas Litscher das Swiss Epic zu fahren. Ein Partner-Etappenrennen über 330km und 12500hm. Das mit dem Vergnügen könnte man spätestens jetzt in Frage stellen.
Für uns lief es leider gar nicht nach Plan. Auf der ersten Etappe hatte Thom nach 20 Minuten einen Reifendefekt, der auf der Strecke nicht zu beheben war und die für uns einzig sinnvoll erscheinende Lösung war, dass wir zurück zu Start Ziel fahren (zu diesem Zeitpunkt aufgrund einer kleinen Schlaufe zu Beginn nur ca. 500m entfernt) um das ganze Laufrad zu wechseln. Um den Schaden in der Gesamtwertung gering zu halten sind wir die restliche Etappe ein ordentliches Tempo gefahren, mit dem Wissen, dass der Wechsel eigentlich nicht erlaubt war. Im Ziel wurden wir vom UCI Kommissär zu einem kurzen Gespräch gebeten und über eine Strafzeit von einer Stunde informiert. Völlig zurecht, für uns aber trotzdem ziemlich enttäuschend. Nach weiteren Defekten zu Beginn der zweiten Etappe verloren wir jegliche Chancen auf eine gute Platzierung in der Gesamtwertung. Mit den Plätzen fünf, vier und fünf auf den letzten drei Etappen konnten wir zumindest noch gute Rennen zeigen.
Alles in allem war es eine wirklich coole Woche! Mit dem Start in Bettmeralp ging es über Grächen nach Zermatt und die Streckenführung war mit geschätzt 80 Prozent Trailanteil der Wahnsinn! Ganz zu schweigen vom Panorama, auf den letzten beiden Etappen nach und um Zermatt war das Matterhorn zum Greifen nahe.
Olympic Qualification Ranking
Ein weiteres Thema, dem ich hier ein wenig Aufmerksamkeit schenken will, beziehungsweise euch erklären will. In den letzten Wochen vor meiner Pause bin ich noch Rennen in der Türkei, Griechenland und in Serbien gefahren. So mancher hat sich vielleicht gefragt was ich da so spät im Jahr noch mache und warum man für so ‚kleine’ Rennen noch in den Flieger steigen muss. Grund dafür ist die Olympia Qualifikation. Seit Ende Mai des Jahres läuft die Qualifikationsperiode für die Startplätze bei den Olympischen Spielen. Die besten drei Fahrer jeder Nation können hierfür über zwei Jahre Punkte sammeln. Am Ende dieser zwei Jahre werden dann je nach Position im Ranking entweder drei, zwei oder ein Startplatz vergeben. Österreich, also Charly, Gregor und ich, ist im Ranking momentan auf Platz sechs. Das würde im Mai 2020 zwei Startplätze für die Olympischen Spiele in Tokyo bedeuten – und das ist unser großes Ziel!
Unter den Rennen die ich gefahren bin waren auch noch zwei Stage Races. Das Format war aber ein anderes als bei der Swiss Epic. Nämlich drei Tage mit einem kurzen Prolog, einem Short Track (20-30min Massenstart auf einer kurzen Runde) und einem Cross Country. Der Grund für solche Stage Races ist einfach zu erklären – mehr Punkte.
Mit einem vierten Platz beim C1 in der Türkei, Rang fünf beim S2 Stage Race auf Kos / GRE und Rang zwei beim S2 in Novi Sad / SRB war meine Punktejagd auf jeden Fall erfolgreich.
Dankbar.
Und jetzt? Zeit für eine Pause!
Und – Zeit um sich zu bedanken. So klischeehaft das jetzt klingen mag, aber spätestens an Tagen wie nach dem WM Rennen realisiert man, was alles nötig ist um irgendwo weit vorne in der Weltspitze zu landen. Nämlich jede Menge Unterstützung von jeder Menge guten Leuten. Und von denen kenne ich ein paar. Angefangen bei meinem Team, jb BRUNEX Felt Factory Team, allen voran Lisa und Joe – danke für den Glauben den ihr mir geschenkt habt, für keine Erwartungen am Anfang der Saison (für die Erwartungen später in der Saison war ich selber schuld ;-)) und den unendlichen Support! Meine ‚Crew’ in Graz, koordiniert von meinem Trainer Bernd bin ich hier mit jedem kleinen Problem bestens aufgehoben. Das Österreichische Nationalteam bzw. Christoph Peprnicek, der sich um jede Menge Management, Bürokratie und Betreuung kümmert und dem das Wohl der Athleten sichtlich am Herzen Liegt. Alle Sponsoren von zu Hause, ob auf meinem Trikot oder nicht, ihr seid alle ein Baustein für den Erfolg. Meine Familie – ob am Streckenrand oder via WhatsApp, Support ohne Ende. Alle Betreuer die sich die Hände schmutzig machen, jb Unterstützer, jb Sponsoren, Mechaniker, Physios, Freunde an der Strecke. Das könnte hier noch sehr lange weitergehen und würde vermutlich in Gefühlsgeduselei enden. Ich hoffe ich habe niemanden vergessen und falls doch, dann hast du vermutlich auch mitgewirkt und bist ein Teil von einer geilen Sache. Eine geile Sache, die hoffentlich die nächsten Jahre so weiter geht und irgendwann noch mehr Freude bereitet als sie sowieso schon tut.
Jetzt aber Schluss!
Over and out,
euer Max.