Nachruf Michael Canoy (1951-2021)

Als 14jähriger lernte Michael Canoy die seinerzeit noch wenig bekannte Budo-Sportart Karate als „Zusatzangebot“ in einem Wiener Judo-Verein kennen. Er war auf Anhieb begeistert; drei Jahre später nahm er bereits an seiner ersten Europameisterschaft teil. Nach der Matura begann Canoy in Wien Sportwissenschaften zu studieren. Da sein japanischer Lehrer Sumi Sensei Österreich in der Zwischenzeit verlassen hatte und Weiterbildungsmöglichkeiten rar waren, reiste Canoy parallel dazu immer wieder nach Deutschland, wo der damalige Bundestrainer Hideo Ochi ihm ermöglichte, gemeinsam mit dem deutschen Nationalteam zu trainieren. Bei Hideo Ochi legte er 1972 die Prüfung zum 1. Dan ab.

Ausbildung bei Shihan Masatoshi Nakayama, Tokio

1974 erhielt der 23jährige Sportstudent ein Stipendium der Tokioer Sportuniversität Nihon Taiku Daigaku, das ihm einen zweieinhalbjährigen Aufenthalt in Japan ermöglichte. In dieser Zeit trainierte Canoy zweimal täglich im Zentraldojo von Shihan Masatoshi Nakayama mit den damaligen Großmeistern des japanischen Karate – u.a. Hirokazu Kanazawa, Mikio Yahara, Keigo Abe, Masaaki Ueki. Es waren Begegnungen, die nicht nur seinen sportlichen Werdegang, sondern auch seinen Lebensweg nachhaltig prägen sollten. Nach Ablegung der Prüfungen zum 2. und 3. Dan (Tokio 1974 und 1976) wurde Canoy – als erster Österreicher – von Masatoshi Nakayama in die Instructor Class der Japan Karate Association in Tokio eingeladen. Zurück in Wien setzte er die erworbenen Kenntnisse nicht nur als Trainer seines Vereins Union Karate Club Wien, sondern auch theoretisch ein: Gemeinsam mit Univ. Prof. Dr. Raimund Sobotka publizierte Canoy eine der ersten didaktischen Arbeiten zur Sportart Karate (Sobotka, R., Canoy, M., „Die optimale Gestaltung der Grundtechniken in Karate unter biomechanischem Aspekt“. Erschienen in: Leistungssport, 1979.)

Wirken in Österreich

Michael Canoy war 15 Jahre lang Mitglied des Österreichischen Nationalteams und errang neben zahlreichen Staatsmeistertiteln hervorragende internationale Platzierungen (Vize- Europacupsieger, mehrere 3. Plätze bei Europameisterschaften). Er absolvierte die Ausbildung zum staatlich geprüften Trainer und legte in den Jahren 1980 und 1990 beim Österreichischen Karatebund die Prüfungen zum 4. und 5. Dan ab. Als langjähriger Lehrbeauftragter für Karate am Universitätssportinstitut Wien, als UNION-Bundesfachwart, als Kampfrichter des Österreichischen Karatebundes, als Landestrainer für Kata, als Veranstalter und Leiter von Turnieren und Lehrgängen leistete er einen nachhaltigen Beitrag zur Verbreitung und Entwicklung des Karate in Österreich. Zahlreiche Karate-Vereine in und außerhalb Wiens werden heute von ehemaligen Schülerinnen und Schülern Michael Canoys geleitet.

Chief Instructor der JKA (Japan Karate Association) in Österreich

Canoys letzte Lebensjahrzehnte waren geprägt von enger Kooperation mit seinem ehemaligen Lehrer Shihan Hideo Ochi. 2001 trat Canoy dessen Verband Japan Karate Association bei, wo er im Jahr 2006 – unter dem Vorsitz von Masaaki Ueki und Hideo Ochi – die Prüfung zum 6. Dan ablegte. Als Chief Instructor der JKA in Österreich veranstaltete Canoy zahlreiche Lehrgänge, in denen er seine Vision des Shotokan Karate vermittelte und die von TeilnehmerInnen aus dem In- und Ausland besucht wurden. Besonderes Augenmerk legte er dabei nicht zuletzt auf die Weiterbildung seiner SchülerInnen, von denen viele Dan-Prüfungen unter dem Vorsitz von Shihan Ochi ablegten. Im Jahr 2016 war es Canoy vergönnt, im Beisein von zahlreichen WegbegleiterInnen und SchülerInnen sein 50jähriges Karate- Jubiläum zu feiern. Im Jahre 2019 folgte die Feier zum 50jährigen Bestehen seines Vereins Karate Union Wien. Michael Canoy verstarb am 27. Oktober 2021 im 71. Lebensjahr.

Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Lebensgefährtin Katharina, seiner Schwester Patricia und allen Angehörigen.

Text: Heidi König-Porstner/Christian Osterbauer

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